Los ist verkauft

Losnummer 969 - Auktion
HOCHBEDEUTENDE UND ÜBERAUS SELTENE SILBERDOSE 'FABELTIER' DER WIENER WERKSTÄTTEN, 1920

Voraussichtliche Aufrufzeit
Los ist verkauft

Verkaufspreis

560.000,00 EUR

Beschreibung
DAGOBERT PECHE
1887 Sankt Michael im Lungau - 1923 Mödling

HOCHBEDEUTENDE UND ÜBERAUS SELTENE SILBERDOSE 'FABELTIER' DER WIENER WERKSTÄTTEN, 1920

Silber, getrieben, innen vergoldet, wohl Koralle (Augen). Höhe: 41 cm, Breite: 19,5 cm, Tiefe: 12,5 cm. Unterseite des Bodens mit geprägter Künstlermarke Dagobert Peche, Marke der Wiener Werkstätte, Made in Austria, Feingehaltsmarke '900' sowie den Dianakopf mit Feingehaltsangabe 2 (900/1000).



Minimalste und unbedeutende kleinere Verbiegungen.

Interne Sammlungsnummer 30/13-8 (Fabeltier, Silberdose, Tafelaufsatz ...) in der Dokumentation über die Aufstellung von Arbeiten der Wiener-Werkstätten der Sammlung Niescher (beigefügtes Dokument). Vgl. auch Fotografien des MAK zu Vitrine auf der Kunstschau 1920 im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie, Wien I, Wollzeile 45 (heute Weiskirchnerstraße 3) (Inventarnummern WWF 137-72-1 und 137-72-2). Weiterhin vgl. Fotografien MAK Inventarnummer KI 9119 und WWF 96-237-4 Dagobert Peche wurde am 3. April 1887 in St. Michael im Lungau geboren. Er verbrachte seine Kindheit in Oberndorf bei Salzburg. Seine Studienjahre begann der Künstler 1906 an der Technischen Hochschule in Wien bei Max von Ferstel, Karl König und Leopold Simony, bevor er 1908 an die Akademie der bildenden Künste in Wien wechselte. Dort erfuhr er starke Einflüsse durch den Architekten Friedrich Ohmann. Es folgte 1910 eine Reise nach Großbritannien. Dort ist er möglicherweise mit Arbeiten des Grafikers Aubrey Beardsley in Kontakt gekommen, da die darauffolgenden Jahre und der frühe Stil starke Einflüsse der reinen Schwarz-Weiß-Technik des Künstlers zeigen. 1911 wurde Peche mit der Goldenen Medaille und weiteren drei Preisen ausgezeichnet, 1912 folgte der Prix de Rome. Durch den Verleger Alexander Koch (1860-1939) aus Darmstadt ergab sich für Peche die Gelegenheit zu Veröffentlichungen in der Zeitschrift "Kunst und Dekoration". 'Hier erwies sich Peche als der Ornamentiker, der immer die geeignete Form fand und dem erstarrten Kunsthandwerk seiner Zeit neues Leben einflößte. Seine schöpferische Phantasie, die Zierform über Zweckform stellte, belebte alle kunstgewerblichen Teilgebiete und fand für jedes Material und jede Technik neue Möglichkeiten dekorativer Gestaltung'. Neben der Tapetenindustrie, dem Stoffdruck und der Stickerei entstanden auch in anderen Bereichen, z.B. Entwürfe für Möbel, Glas, Schmuck, Spielzeug und andere Gebrauchsgegenstände. Bei dem Architekten Otto Wagner kam Dagobert Peche in Kontakt mit Josef Hoffmann. Kurze Zeit später entstanden ersten Arbeiten für die Wiener Werkstätte. Nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs 1914, wurde Peche im Frühjahr 1915 offiziell künstlerischer Leiter der Wiener Werkstätte. 1916 zum Kriegsdienst eingezogen, 1917 aufgrund einer Erkrankung wieder entlassen. Noch im selben Jahr übernahm der Künstler die Züricher Filiale der Wiener Werkstätte, die er bis 1919 leitete. 'Dort trat mit mehr Rhythmus und Bewegung ein Stilwandel ein, es kam zu einer Bereicherung des Blumen- und Blätterdekors, zu einer Verbindung von Körper und Pflanze (Daphne-Motiv), beeinflusst von Rokoko (Peche-Sternchen) und chinesischen Pinselzeichnungen.' Im Spätjahr desselben Jahres kehrte Peche nach Wien zurück. Ein Jahr später, 1920, entstand seine ikonenhafte Darstellung der 'Schmuckdose mit Fabeltier'. Peche beteiligte sich erfolgreich an den Kunstausstellungen der Jahre 1920 und 1921. Für den ab 11. September 1921 erstmals in den Hofstallungen abgehaltenen Teil der Wiener internationalen Messe gestaltet Peche den Ausstellungsstand der Wiener Werkstätten. Am 16. April 1923 verstarb Dagobert Peche an einem bösartigen Tumor. Nach Peches Tod schrieb Hoffmann: "Dagobert Peche war das größte Ziergenie, das Österreich seit dem Barock hervorgebracht hat." 1920 entstand eine von Peches bedeutendsten kunsthandwerklichen Silberarbeiten, die hier angebotene seltene Silberdose mit Fabelwesen, die als eine Ikone der frühen expressiven Silberarbeiten der Wiener Werkstätten im März 1921 von K. Winkler-Winkenau in der Deutschen Kunst- und Dekoration wie folgt kommentiert wurde: '... In den zehn Jahren, durch welche wir seine Entwicklung folgen, hat er sich stark gewandelt - aus dem Verehrer des Rokoko wurde ein Expressionist ... Charakteristisch für seinen jetzigen Stil ist das Scharfe, Kantige, Gratige. Die Flächen stoßen hart aneinander; wir fühlen das Bestreben, sie möglichst lebendig zu gestalten, was oft zu starken Kontrasten von Hell und Dunkel führt. - Peche liebt feingliedrige, zarte, manchmal schmächtige Motive, welche von einer starken Aktivität erfüllt sind, dabei meidet er ängstlich jede Gerade. Dieses Streben konnte man schon früher bei ihm beobachten; aber während damals alles auf Grazie, Eurythmien und Harmonie gerichtet war, fühlen wir jetzt eine beabsichtigte Herbheit und Sprödigkeit. Von den neuen Arbeiten des Künstlers scheinen mir die Schmuckstücke und einige der Silbergefäße am besten gelungen sein. Sie wirken in der Erfindung, in der Behandlung und Verwendung des Metalls und der Steine anziehend, originell, fesselnd. Peches Talent bewährt sich am besten bei Gegenständen kleinen Formates, wo das Feine, Zierliche, Gebrechliche gut zur Geltung kommen kann. Seine Vorliebe gilt dem Außerordentlichen, Festlichen, Auffallenden.' Das Metropolitan Museum in New York besitzt eines der wenigen Exemplare der Silberdose mit Fabelwesen. Die Arbeit wird als 'Jewel Box' dort wie folgt beschrieben: 'Although the Wiener Werkstätte, founded in 1903, is perhaps best known for the strict and vigorous geometry of its earliest designs, a playful, ornamental spirit characterizes the work produced there after the start of World War I. Peche, who worked as a designer at the Wiener Werkstätte between 1915 and 1923 (becoming a co-director in 1917), was a driving force behind the development of a more exuberant and decorative aesthetic, derived in part from Baroque and Rococo influences and in part from folk art, which was typical of objects it produced in the 1920s. This jewel casket is a tour de force of artistic showmanship masquerading under a functional designation; indeed, the coffer would outshine any jewel it might contain. The domed box itself (raised on four bulb feet, each of which opens to reveal additional storage cavities) is dominated by the extravagant handle in the form of a flower-bedecked deer standing among grapevines.' Literatur: Deutsche Kunst und Dekoration. NEUE ARBEITEN VON DAGOBERT PECHE. März 1921, S. XXIV, hier mit ganzseitiger Abbildung. Die WIENER WERKSTÄTTE 1903-1928. Modernes Kunstgewerbe und sein Weg. Krystall-Verlag, Wien, 1929, hier mit ganzseitiger Abbildung. Penelope Hunter-Stiebel. "The Decorative Arts of the Twentieth Century." Metropolitan Museum of Art Bulletin37 (Winter 1979-1980), S. 14-15, Abb., datiert um 1920. Penelope Hunter-Stiebel in "Twentieth Century Art." The Metropolitan Museum of Art: Notable Acquisitions, 1975-1979. New York, 1979, S. 77, Abb., datiert um 1920. Varnedoe, Kirk: Wien 1900. Kunst, Architektur & Design. Köln, 1987, S. 104, Abb. Dort als Schmuckdose mit Datierung 1918. R. Craig Miller. Modern Design in The Metropolitan Museum of Art 1890-1990. New York, 1990, Abb. S. 92 (farbig mit Details), datiert um 1917. Matthew Martin in Vienna: Art and Design-Klimt, Schiele, Hoffmann, Loos. Exh. cat., National Gallery of Victoria. Melbourne, 2011, S. 212-14, Abb. (farbig). Jane Adlin. "Vanities: Art of the Dressing Table." Metropolitan Museum of Art Bulletin 71 (Fall 2013), S. 39, Nr. 52, Abb. (farbig). Ausstellungen: Museum für angewandte Kunst, Vienna. "Die Überwindung der Utilität- Dagobert Peche und the Wiener Werkstätte", 11. Februar bis 17. Mai, 1998, Nr. 48. New York. The Metropolitan Museum of Art. "A Century of Design, Part I: 1900-1925," 14. Dezember 1999 bis 26. März 2000. New York. Neue Galerie. "Dagobert Peche and Wiener Werkstätte," 11. Oktober 2002 bis 5. Januar 2003, Nr. 120. New York. The Metropolitan Museum of Art. "Modern Design", 30. März bis 3. Dezember 2006. New York. The Metropolitan Museum of Art. "Classic/Fantastic: Selections from the Modern Design Collection", 21. Dezember 2007 bis 5. April 2009. Melbourne. National Gallery of Victoria. "Vienna: Art and Design - Klimt, Schiele, Hoffmann, Loos," 18. Juni bis 9. Oktober 2011, unnummerierter Katalog (S. 213; als "Jewel box"). New York. The Metropolitan Museum of Art. "Metropolitan Vanities: The History of the Dressing Table," 17. Dezember 2013 bis 13. April 2014, Nr. 52 (MMA Bulletin, Fall 2013). Neue Galerie New York. "Wiener Werkstätte 1903-1932: The Luxury of Beauty", 26. Oktober 2017 bis 29. Januar 2018, unnummerierter Katalog (S. 531).

Provenienz: Bedeutende Sammlung des Chemnitzer Unternehmers und Fabrikanten Fritz Niescher (1889-1974). Über Erbe Privatsammlung Dr. Müller, Westfalen.
Details
Losnummer 969
Künstler DAGOBERT PECHE
Folgerechtsabgabe Nein
Schätzpreis von 8000

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